Zulässigkeit vorformulierter Vertretungsklauseln bei Wahlleistungsvereinbarungen

BGH entscheidet zur Zulässigkeit vorformulierter Vertretungsklauseln bei Wahlleistungsvereinbarungen. Die Parteien – der klagende Chefarzt auf der einen Seite, die beklagte Patientin auf der anderen Seite – hatten schriftlich eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen. Am Tag der Operation war der Kläger urlaubsbedingt abwesend. Auf seine Veranlassung unterzeichnete die Beklagte am Vortag einen Vordruck, wonach sich die Beklagte unter Hinweis auf die Verhinderung des Klägers zwischen folgenden Varianten zu entscheiden hatte (in Form einer Multiplechoiceantwort): Behandlung wie normaler Kassenpatient ohne Zuzahlung, Behandlung durch Vertreter des Chefarztes, einem Oberarzt oder Aufschub. Die Beklagte kreuzte die zweite Möglichkeit an, zahlte jedoch die vereinbarte Vergütung nicht. Der Bundesgerichtshof hat ihr Recht gegeben (BGH 20.12.2007, III ZR 144/07).

Der Bundesgerichtshof stellt Folgendes fest: Der Chefarzt habe seine Leistung zwar in Person zu erbringen, wegen des besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen ihm und dem Patienten. Er könne aber seine Behandlungspflicht auf einen Stellvertreter übertragen, wenn die Formalien eingehalten seien. Die grundsätzliche persönliche Behandlung hat ihre gebührenrechtliche Entsprechung in § 4 Abs. 2 Satz 1 der GOÄ. Dennoch darf er seine Kernleistung auf einen Stellvertreter übertragen, sofern er mit dem Patienten eine entsprechende wirksame Vereinbarung getroffen hat. Dies ist zu messen an den Maßstäben des § 308 Nr. 4 BGB. Den dortigen Ansprüchen genügte das hier vorliegende Formular nicht. Die formularmäßige Vereinbarung des Rechts des Verwenders (hier des Arztes) die versprochene Leistung zu ändern, ist nur wirksam, wenn diese Änderung unter Berücksichtigung der Interessen des Patienten zumutbar ist. Dies sei bei einer Klausel, wie der vorliegenden, schon deswegen nicht gewährleistet, weil sie nach der maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung auch die Konstellation erfasst, in denen die Verhinderung des Wahlarztes bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung feststeht. Die von den Patienten mit dem Abschluss der Vereinbarung bezweckte Sicherung der besonderen Erfahrung und der herausgehobenen Sachkunde des Wahlarztes für die Heilbehandlung ist bereits zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses objektiv unmöglich. Die Patientin brauchte das Honorar daher nicht zu bezahlen.

Darüber hinaus hatte der Bundesgerichtshof anlässlich dieses Rechtsstreits entschieden, ob überhaupt eine Individualvereinbarung vorliegt, wenn ein Vordruck wie hier mit »anzukreuzenden Kästchen« vorliegt. Der Bundesgerichtshof stellt fest: Auch eine vorformulierte Vertragsbedingung könne ausgehandelt sein, wenn sie der Verwender als eine von mehreren Alternativen anbietet, zwischen denen der Vertragspartner die Wahl hat. Ob also tatsächlich ein »Aushandeln«, wie es in der Regel für eine Individualvereinbarung gefordert wird, vorliegt, ist dann irrelevant.

Wichtig: Der Bundesgerichtshof stellt in diesem Urteil konkrete Anforderungen an Vertretungsklauseln. Eine solche Klausel sei zunächst nur dann zulässig, wenn dort der Eintritt eines Vertreters des Wahlarztes auf die Fälle beschränkt ist, in denen die Verhinderung im Zeitpunkt des Abschlusses der Wahlleistungsvereinbarung nicht bereits feststeht, etwa weil die Verhinderung selbst noch nicht absehbar oder weil noch nicht bekannt ist, dass ein bestimmter verhinderter Wahlarzt zur Behandlung hinzugezogen werden muss. Eine Stellvertretervereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist gemessen an § 308 Nr. 4 BGB nur wirksam, wenn darin als Vertreter der ständige ärztliche Vertreter im Sinne des § 4 Abs. 2 Satz 3 und 4, § 5 Abs. 5 GOÄ namentlich (!) bestimmt ist.

Diese Anforderung stößt schon auf technische Schwierigkeiten: In Allgemeinen Geschäftsbedingungen einen Vertreter zu benennen ist äußerst schwierig. In Anbetracht der hohen Fluktuation, die im ärztlichen Sektor im Allgemeinen herrscht bedeutet dies, dass der Wahlarzt seine Vertreterbestimmung ständig ändern und damit seine AGB ständig ändern muss (BGH 20.12.2007, III ZR 144/07).

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