Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und GmbH-Geschäftsführer

Der Gesetzgeber hat im August 2006 das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) erlassen, um Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Ein ganz wesentlicher Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist das Arbeitsrecht. Aber auch in anderen Rechtsgebieten, insbesondere dem Mietrecht hat es Auswirkungen.

Nun hat erstmalig das höchste Deutsche Zivilgericht (Bundesgerichtshof, BGH) das AGG auf einen GmbH-Geschäftsführer angewandt. Dieser war bis zum Ablauf seiner Amtszeit am 31.08.2009 der medizinische Geschäftsführer einer Klinik in Köln. Bei Geschäftsführern ist es üblich, dass Verträge mit Laufzeiten, innerhalb derer die Verträge nicht ordentlich kündbar sind, abgeschlossen werden. Im vorliegenden Fall betrug die Laufzeit 5 Jahre. Am Ende dieser Laufzeit äußerte der Aufsichtsrat der Klinik, das Dienstverhältnis mit dem Geschäftsführer nicht verlängern zu wollen. Der Aufsichtsratsvorsitzende hatte erklärt, den GmbH-Geschäftsführer wegen seines Alters nicht weiter beschäftigen zu wollen.

Der Geschäftsführer klagte auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens in Höhe von 110.000 Euro. In Höhe eines Teilbetrags von 36.600 Euro hat er sich durchgesetzt. Der BGH hat die Anwendung des § 6 Abs. 3 AGG bejaht. Demnach findet dieses Gesetz auch auf Geschäftsführer oder Geschäftsführerinnen und Vorstände Anwendung, sofern der Zugang zur Erwerbstätigkeit oder der berufliche Aufstieg betroffen ist. Die hier in Frage stehende Verlängerung des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien betraf nach Auffassung des BGH den Zugang zur Erwerbstätigkeit. Durch die o.g. Äußerung hat die Klinik auch eine Diskriminierung wegen Alters indiziert. Aufgabe der Klinik wäre es gewesen, sich zu entlasten.
Dies ist der Klinik nicht gelungen.

Dieser Fall zeigt exemplarisch, wie unbedarfte Äußerungen in der Öffentlichkeit rechtliche Konsequenzen verursachen. Natürlich können Konzernleiter, Aufsichtsräte, Vorstände, etc. nicht immer ihre Rechtsabteilung befragen, bevor sie sich öffentlich äußern. Der vorliegende Fall zeigt aber, dass dies, wo es möglich ist, nötig ist potentielle Arbeitgeber sollten bei allen Veröffentlichungen – Pressekonferenzen wie vorliegend, aber insbesondere auch Stellenausschreibungen, Erstellung von Verhaltensregeln im Betrieb [Compliance], etc. – auf diskriminierungsfreie Äußerungen achten.
Letzteres gilt auch für Arbeitgeber, die nicht über entsprechende Ressourcen im eigenen Haus verfügen: Diese sollten bei öffentlichen Verlautbarungen höchste Obacht walten und ggf. rechtlichen Rat einholen, ob diese Äußerungen Diskriminierungstatbestände implizieren.

BGH 23.04.2012 II ZR 163/10
Schlagwörter: Bundesgerichtshof, Geschäftsführer, GmbH-Geschäftsführer, Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, § 6 Abs. 3 AGG, Schadensersatz

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