Neuigkeiten zur Abgeltung von Urlaubsansprüchen dauerhaft erkrankter Mitarbeiter

Wie unter dem 31.12.2009 berichtet, verfiel der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch dauerhaft erkrankter Mitarbeiter nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 20.01.2009 nicht. Dies bedeutete für den Arbeitgeber die Gefahr, dass Mitarbeiter über Jahre ihrer Dauererkrankung Urlaubsansprüche ansammeln können, die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten wären. Dies führte zum hektischen Ausspruch von Kündigungen wegen Dauerzeiterkrankungen, die aber ebenfalls risikobehaftet waren.

Nunmehr hat der Europäische Gerichtshof die Wirkung der vorgenannten Entscheidung eingeschränkt.  In seiner Entscheidung vom 22.11.2011 hat der Europäische Gerichtshof bestimmt, dass der Urlaubsanspruch auch dauerhaft erkrankter Mitarbeiter verfallen könne, wenn eine Regelung existiere, wonach der Zeitraum, in dem der nicht genommene Urlaub übertragen werden könne, wesentlich länger sei, als der Bezugszeitraum, auf den sich die Urlaubsgewährung beziehe. Dies war in dem Rechtsstreit, der am 22.11.2011 vom EuGH entschieden und der in Deutschland »spielte« der Fall: Dort gab es eine tarifvertragliche Regelung, die bestimmte, dass wenn der Urlaub wegen Krankheit nicht genommen werden könne er, 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, auf den sich der Urlaubsanspruch bezieht, erlischt. Der Arbeitnehmer machte mit seiner Klage im März 2009 Abgeltungsansprüche für das Jahr 2007, in dem er dauerhaft erkrankt war, geltend. Auf Grund der tarifvertraglichen Regelung war dies noch rechtzeitig. Der Arbeitnehmer machte darüber hinaus aber auch Abgeltungsansprüche für das Jahr 2006 geltend. Der EuGH bewilligte ihm die Abgeltungsansprüche für das Jahr 2007, nicht aber für das Jahr 2006. Die gerichtliche Geltendmachung im März 2009 sei verspätet und damit verfallen. 

Daraus leitet die Rechtsprechung in Deutschland nun eine allgemeine 15-monatige Begrenzung des Übertragungszeitraums her (so LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.12.2011). Eigentlich setzt die vom EuGH angesprochene Begrenzung des Übertragungszeitraums von 15 Monaten voraus, dass eine entsprechende Regelung in Deutschland existiert, die dies bestimmt. Mit anderen Worten: Es fehlte bisher nach meiner Auffassung an einer Umsetzung dieser 15-monatigen Begrenzung ins Deutsche Recht. Nun sind schon einige arbeitgeber-freundliche Juristen dabei, aus § 7 Abs. 3 BUrlG, der die Beschränkung des Übertragungszeitraums regelt, auf einen 15-monatigen Übertragungszeitraum auszuweiten. Dem wird aber der Wortlaut dieser Vorschrift nicht gerecht, die eindeutig regelt, dass im Falle einer persönlichen Verhinderung des Arbeitnehmers der Urlaub spätestens in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden muss – und eben nicht 15 Monate.

Da hier möglicherweise der Gesetzgeber eingreift, der nach meiner Auffassung nur für die Zukunft eine anders lautende Regelung schaffen dürfte, ist jeder Arbeitnehmer, der noch über fragliche Ansprüche verfügt, gehalten, diese nunmehr einzuklagen, um einer neuen gesetzlichen Regelung, die seine Ansprüche endgültig zu Fall bringen könnten, auszuweichen. Voraussetzung für eine solche Klage ist aber, dass das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich beendet ist.

Für Rückfragen in dieser schwierigen Materie stehe ich Ihnen zur Verfügung.

EuGH »Schulz/Hoff« 20.01.2009, C 350/06; EuGH, »Schulte«, 21.11.2011, C 214/10, BAG 09.08.2011, 9 AZR 365/10; LAG Baden-Württemberg 21.12.2011

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